Blog und Medienbeiträge

26. Februar 2021

Achtsamkeit und Digitalisierung – wie passt das zusammen?

"Wir sind von einer analogen, in eine digitale Welt geraten, wo wir vom Digitalen derart aufgesaugt werden, dass wir vergessen, dass wir immer noch analoge Wesen sind." Jon Kabat-Zinn, 2016

Wer kennt das nicht? Eigentlich wolltest du nur kurz die Uhrzeit auf dem Smartphone ablesen, doch plötzlich findest du dich wieder, wie du auf Instagram bereits minutenlang den Feed durchscrollst. Gerade Social Media wird oft als Zeiträuber angeprangert. Dabei könnten die sozialen Medien, wenn sie zur Unterhaltung oder als Informationsquelle genutzt werden, zur Erholung beitragen. Was gibt es also zu beachten, damit Social Media ein Zeitvertreib bleibt und nicht zum Zeiträuber wird?

achtsamkeit-und-digitalisierung

Übung:

Beobachte dich selbst. Stelle den Timer auf drei Minuten und führe eine digitale Tätigkeit durch. Tue dies auf die gleiche Weise, wie du das üblicherweise machst. Wenn der Timer läutet beende diese Tätigkeit und notiere, was dir aufgefallen ist und wie du dich fühlst. Hat es dir gutgetan oder hast du dich geärgert? Wiederhole diese Übung bei unterschiedlichen Tätigkeiten wie zum Beispiel WhatsApp, Facebook, Gamen. So stellst du dir eine Liste zusammen, auf der du siehst, wann dir die Nutzung deines Smartphones guttut und wann es dir Energie raubt und du dich danach schlechter fühlst als davor.

Die bewusste Smartphone-Nutzung kann durch Achtsamkeit geschult werden. Bei der Achtsamkeitsübung geht es darum den Fokus auf eine Sache zu richten und sich dieser vollkommen zuzuwenden. Dabei werden insbesondere zwei Fähigkeiten geschärft: die des Fokussierens und die des Gewahrseins. Das Fokussieren hilft Ablenkungen auszublenden. Beim Gewahrsein werden Gedanken, Gefühle und Körperempfindungen bewusst gemacht. Gemäss Schätzungen sind dem Menschen nur 0.5% bis 1% seiner Gedankeninhalte bewusst, das hiesse ganze 99% blieben unbewusst (Weniger, 2015). Die typische Angewohnheit des Geistes ist es, ständig abzuschweifen. Sie kann durch Achtsamkeit wahrgenommen und unterbrochen werden.

"[...] Achtsamkeit ist: das Bewusstsein, das entsteht, wenn man im gegenwärtigen Moment absichtlich und nicht wertend auf die Entfaltung der Erfahrung von Moment zu Moment achtet" Jon Kabat-Zinn, 2006

Levy (2016) geht davon aus, dass die bewusste Mediennutzung für einen gesünderen und effizienteren Umgang damit sorgen. Auch er empfiehlt die Beobachtung des eigenen Medienverhaltens. Indem darauf geachtet wird, wo der Fokus der Aufmerksamkeit sich befindet und welche Gefühle dies auslöst, entstehen weniger Prokrastination, Schuldgefühle und Ängste. So soll realisiert werden, wie die Mediennutzung genau abläuft und welche Gefühle damit einhergehen. Erst durch die Bewusstmachung können Veränderungsmassnahmen getroffen und das Medienverhalten zum positiveren Erlebnis gewandelt werden. Er geht davon aus, dass durch Achtsamkeit ein gesünderes Online-Verhalten möglich ist. Probiere es aus!

Hier kommst du zu meinem nächsten Übungsabend

Literatur:

- Kabat‐Zinn, J. (2006). Mindfulness‐Based Interventions in Context: Past, Present, and Future doi.org/10.1093/clipsy.bpg016

- Levy, D. M. (2016). Mindful tech - How to bring balance to our digital lives. New Haven: Yale University Press.

- SRF Sternstunde Philosophie vom 24.7.2016 mit Jon Kabat-Zinn (Minute 46:25)

- Weniger, M. (2015). Entspannungsverfahren. In C. Haurand, H. Ullrich & M. Weniger (Hrsg.), Stressmedizin – Beratung Vorbeugung Behandlung (S. 187–206). Berlin: Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft.

Bild: Tobias M. Schmid